Warum Singen bei Depression hilft
Diane Tausch • 6. September 2025
Musik als Lichtblick in schweren Zeiten

Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und belasten nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch ihr gesamtes Umfeld. Neben ärztlicher und therapeutischer Behandlung suchen viele Menschen nach begleitenden Wegen, um den Alltag leichter zu bewältigen. Eine einfache, aber erstaunlich wirkungsvolle Möglichkeit ist das gemeinsame Singen.
Singen berührt Körper und Seele
Wenn wir singen, geschieht im Körper etwas Besonderes:
- Tiefere Atmung versorgt den Körper besser mit Sauerstoff und entspannt.
- Hormone wie Endorphine und Oxytocin werden ausgeschüttet, die für Wohlbefinden und Verbundenheit sorgen.
- Der Stresshormonspiegel sinkt messbar.
- Rhythmus und Melodie helfen, Gedanken zur Ruhe zu bringen.
Gerade bei Depressionen, die oft mit innerer Leere und Antriebslosigkeit verbunden sind, kann Singen ein wichtiger Impuls sein, um wieder mehr Lebendigkeit zu spüren.
Einblicke aus meiner Arbeit in der Klinik
Seit über einem Jahr leite ich Singstunden in einer gerontopsychiatrischen Klinik. Viele der Teilnehmer:innen kämpfen mit Depressionen.
Schon wenn ich den Raum betrete, sitzen die Patient:innen meist im Kreis und warten auf die Stunde.
Besonders bei neuen Teilnehmer:innen höre ich fast immer den Satz:
„Ich kann nicht singen.“ Dann lade ich sie ein, sich einfach dazu zu setzen und erst einmal zuzuhören oder einfach zu summen. Fast jedes Mal beobachte ich, dass sie im Laufe der Stunde doch zu singen beginnen. Am Ende bedanken sich viele und sagen, wie gut es ihnen getan hat:
- „Es war eine Stunde Ablenkung.“
- „Endlich war das Grübeln mal weg.“
- „Ich fühle mich leichter.“
Diese Momente zeigen mir: Musik erreicht Menschen dort, wo Worte oft nicht mehr tragen.
Welche Lieder eignen sich?
Wichtig ist nicht die Perfektion, sondern die Freude am Tun. Besonders geeignet sind:
- Bekannte Volkslieder (z. B. Kein schöner Land, Die Gedanken sind frei.....), Jahreszeitenlieder (Grüß Gott du schöner Maien, Bunt sind schon die Wälder...)
- Einfache Kanons (Froh zu sein bedarf es wenig, Bruder Jakob...)
- Klassiker der 60er/70er Jahre (z. B. Über den Wolken, Let it be...)
- Lieder mit positiven Botschaften (You are my sunshine)
Ich spiele zur Begleitung oft die Ukulele oder verwende kleine Percussion-Instrumente. Sie sind leicht zu spielen und schaffen eine warme Atmosphäre.
Tipps für Angehörige und Pflegekräfte
- Mut zur Einfachheit: Schon gemeinsames Summen kann eine positive Wirkung haben.
- Regelmäßigkeit: Ein festes Singritual – z. B. wöchentlich – gibt Sicherheit und Vorfreude.
- Individuelle Wünsche einbeziehen: Fragen Sie nach Lieblingsliedern aus der Jugendzeit.
- Instrumente einbauen: Eine kleine Ukulele, Gitarre oder eine Zungentrommel kann das Erlebnis bereichern.
Mein Ausblick
Ich möchte in Zukunft auch Fortbildungen für Pflegekräfte und Einrichtungen anbieten, um zu zeigen, wie Musik und gemeinsames Singen den Alltag in der Pflege erleichtern können.
Mich interessiert:
Wie erleben Sie die Wirkung von Musik im Umgang mit Menschen, die an Depressionen leiden? Schreiben Sie mir gerne Ihre Erfahrungen.
info@buehne-frei.net